Art Basel 2016 – Ein Rückblick

Gastbeitrag von Mandana Bender:

Wie jedes Jahr Mitte Juni trifft sich die Kunstszene eine Woche lang im schönen Basel, um die weltweit besten Kunstwerke zu bestaunen, bewerben und zu erwerben.
Dieses Jahr war ich, anders als im Jahr zuvor, leider nicht bei der Preview, sondern erst am Wochenende auf der Messe, konnte mit aber dennoch einen guten Überblick verschaffen:

Die Unlimited, der Bereich der Art Basel für große Installationen, die keinen Platz auf einer konventionellen Ausstellungsfläche hätten, war auch dieses Jahr wieder der Publikumsmagnet und meiner Meinung nach der Teil mit den interessantesten Werken. Weniger eine Messe, als vielmehr eine kuratierte Ausstellung, hat es der Kurator Gianni Jetzer auch in diesem Jahr wieder geschafft, ein Highlight neben dem anderen zu präsentieren, wodurch der Besucher fast einer visuellen Reizüberflutung ausgesetzt war. Alleine auf der Unlimited hätte man zwei Tage verbringen können, ohne alle Werke gesehen zu haben, insbesondere da in diesem Jahr mit 88 gezeigten Werken mehr als je zuvor auf der Unlimited zu sehen war. 

Die wohl am meisten beachtete Installation, eines meiner Messehighlights, leider auch mit einer Warteschlange, die man eher in einem in-Club erwartet, war Hans Op de Beeks „Collectors House“ (2016, vertreten durch die Galerien Krinzinger, Marianne Boesky sowie Galleria Continua), zweifelsfrei ein Gesamtkunstwerk: Er hat einen Raum geschaffen, der einzelne Bereiche eines bürgerlichen Hauses, etwa eine Bibliothek mit Piano und Sesseln oder auch Vitrinen und Tische mit Obstkörben, miteinander verbindet. So entsteht der Eindruck, dass hier ein Connaisseur gelebt haben muss, für den die Schönheit der Objekte mehr im Vordergrund stand als deren Wert und Prestige, was ja durchaus Aktualität besitzt, da immer mehr Käufer sich nicht nach der Ästhetik des Werkes, sondern eher nach dessen Wert richten.

Galerie Krinzinger, Galleria Continua, Marianne Boesky Gallery, Hans Op de Beeck @Art Basel
Galerie Krinzinger, Galleria Continua, Marianne Boesky Gallery, Hans Op de Beeck @Art Basel

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Der Raum wird durch einen Teich mit Lotusblüten in zwei Teile getrennt und ist komplett in Grautönen gehalten, mit Ausnahme der weissen Seerosen, die in einem schwarz glänzenden Teich schwimmen. Durch weisse Oberlichter wird die gesamte Szenerie in ein mattes Licht getaucht. Im Raum befinden sich mehrere Figuren, die in ihrer jeweiligen Bewegung erstarrt sind. Der Besucher fühlt sich beim Begehen des Raums als Teil des Werks und wird von der kontemplativen Szenerie eingefangen. Mich hat das Environment ein wenig an versteinerte Figuren erinnert und hatte daher auch etwas Unheimliches und Verwunschenes, war aber gleichzeitig sehr faszinierend. Man erhielt den Eindruck, sich in einem modernen Pompeji zu befinden, was durch die graue Farbe der Skulpturen und Objekte verstärkt wurde. Es schien, als wenn eine unerwartete Ascheschicht über die Szenerie gelegt wurde und diese somit in einen Dornröschenschlaf fiel. Daher  lohnte es sich, teilweise bis zu einer Stunde auf den Einlass zu warten. Ich denke, dass dieses Warten auf den Einlass auch ein Teil des Werks war und auf die (vermeintliche) Exklusivität der Sammlerszene anspielen könnte, ebenso auch auf die Vergänglichkeit des Seins.

Auf Einlass zu warten schien dieses Jahr auf der Unlimited sowieso sehr beliebt zu sein: Auch für meinen diesjährigen Messefavoriten von einer meiner Lieblingskünstlerinnen Tracey Emin, die, vertreten durch die Galerien Xavier Hufkens, Lehmann Maupin und natürlich White Cube, in einem verspiegelten Raum in ihrer eigenen Handschrift in Neonlettern den Satz „The More Of You The More I Love You“ (2015) präsentierte, musste man Warteschlangen in Kauf nehmen. Ich hatte jedoch Glück und konnte mehrmals ohne Warten in den kleinen Raum gehen, um das Werk zu betrachten: Durch Spiegelwände reflektierten sich die Worte überall und traten so mit dem Betrachter in den Dialog, der sich dann fragen konnte, was diese Worte für ihn bedeuten. Ebenso wohl für Emin selber, die ja stark autobiographisch arbeitet und in ihren Werken, insbesondere in Ihren Neonarbeiten Begehren, Verletzlichkeit und Liebe thematisiert.

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Elmgreen & Dragset, auch unter meinen Lieblingskünstlern, wurden ebenfalls mit einer spannenden Arbeit auf der Unlimited (vertreten durch die Galerie Helga de Alvear) gezeigt: Ihr Werk „Secondary“ (2015) präsentiert einen sich in der Mitte spiegelnden Auktionsaal, der fast ohne Beleuchtung auskommt. Schemenhaft erkannte man leere Stuhlreihen und zwei gegenüberliegende Auktionatorenpulte, die nur soweit beleuchtet waren, dass man den Zuschlagshammer sehen konnte. Man hörte dazu die Zurufe von einzelnen Geboten und Zuschlägen. So fühlte man sich wie in einer Auktion mit der Besonderheit der Anonymität, wodurch Elmgreen & Dragset wohl kritisch auf den derzeitigen Auktions- und Kunstmarkt blicken. Das Werk ist Teil ihrer letztjährigen Installation „The Well Fair“, der detailgetreuen Nachbildung einer fiktiven Kunstmesse, was ich umso interessanter finde, da das Werk nun auf DER Kunstmesse für zeitgenössische Kunst präsentiert wurde und sich so Fiktion und Realität treffen. So hat es das Künstlerduo wieder einmal geschafft, unterschwellig auf mögliche Missstände hinzuweisen und den Betrachter zum Nachdenken zu animieren.

Ein weiteres Highlight der Unlimited war das „White House“ von Ai Weiwei (präsentiert von Neugerriemschneider, Berlin), welches eine traditionelle chinesische Residenz der Quing Dynastie oder vielmehr das Gerüst einer solchen darstellte. Es steht auf Glaskugeln, die Ai Weiwei extra für die Art Basel anbringen lies. Die Schnitzereien in den Ecken des Daches weisen auf Reichtum hin. Er möchte damit den Verlust der klassischen chinesischen Bauten, die man im heutigen China immer seltener findet, ansprechen. Dies wird umso deutlicher wenn man bedenkt, dass die Farbe Weiß in Asien als Farbe der Trauer gilt.

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In den Haupthallen gab es natürlich auch viele Werke, die mein -0-content-messagecontent-content-mpaltcontent-mprelcontent-htmlcontent-12-AttachmentListener---3Kunsthistorikerherz höher schlagen ließen, wie die spannenden Papierarbeiten von Klimt und Schiele bei Richard Nagy oder auch die zarten Arbeiten von Silvia Bächli bei Skopia und zahlreiche Mobile von Alexander Calder bei verschiedenen Ausstellern. Wirkliche Highlights habe ich dieses Jahr aber ein wenig vermisst. Wie immer gab es viele Werke der klassischen Moderne von Museumsqualität zu sehen (eine gute Auswahl fand sich bei der Galerie Thomas, eine der wenigen Münchner Galerien der Messe, sowie bei Marlborough oder Gmurzynska, um nur einige zu nennen).

Auffallend waren auch die zahlreichen Werke von Frank Stella, der auch auf der Unlimited vertreten war, sowie viele Werke der Minimalisten wie Carl André oder Sol le Witt. Ob diese Tendenz zum Minimalismus ein Trend werden könnte, wie das Revival der Zero Arbeiten in den letzten beiden Jahren, von denen man auch einige vorfand, bleibt abzuwarten.

Auch waren sehr viele Berliner Galerien vertreten, insbesondere im Vergleich zu den Münchner Galerien, von denen dieses Jahr nur vier zugelassen wurden (aus Berlin waren rund 15 Galerien vertreten), was ich als Fast-Münchnerin ein wenig schade fand und das Gefühl nicht los wurde, dass die Berliner Galerien von der Art Basel bevorzugt ausgewählt wurden, auch wenn die präsentierten Werke teilweise nicht auf dem gewohnt hohen Art Basel Niveau waren.

Auf der Unlimited herrschte das Thema der Wahrnehmung, sei es Sehen, Hören oder Fühlen, vor, auch wurden viele Arbeiten mit aktueller sozialer oder politischer Intention (etwa die Werke von Kader Attia oder Chiharu Shiota) präsentiert, während in den Haupthallen die Klassiker vorherrschten und leider für meinen Geschmack zu wenig neue, innovative Positionen präsentiert wurden.

Die Art Basel konnte es aber wie jedes Jahr erneut schaffen, den Besucher mit den aktuellen Tendenzen des Kunstmarktes zu fesseln. Wir sind gespannt auf 2017 !

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Anish Kapoor, Dragon, 1992 (Gladstone Gallery & Lisson Gallery)
Galerie Daniel Templon Chiharu Shiota, @Art Basel
Galerie Daniel Templon
Chiharu Shiota, @Art Basel
© Art Basel
303 Gallery, König Galerie, Kamel Mennour © Art Basel
Dominique Levy Gallery, Marianne Boesky Gallery, Sprüth Magers, Frank Stella @Art Basel
Dominique Levy Gallery, Marianne Boesky Gallery, Sprüth Magers, Frank Stella © Art Basel
Lehmann Maupin, Galerie Nagel Draxler, Kader Attia © Art Basel
Lehmann Maupin, Galerie Nagel Draxler, Kader Attia © Art Basel
Dominique Levy Gallery © Art Basel
Dominique Levy Gallery © Art Basel
Alfonso Artiaco, Paula Cooper Gallery, Konrad Fischer Galerie, Sol LeWitt © Art Basel
Alfonso Artiaco, Paula Cooper Gallery, Konrad Fischer Galerie, Sol LeWitt © Art Basel
Galerie Urs Meile © Art Basel
Galerie Urs Meile © Art Basel
Almine Rech Gallery © Art Basel
Almine Rech Gallery © Art Basel
Bernier Eliades © Art Basel
Bernier Eliades © Art Basel
Fondation Beyeler © Art Basel
Fondation Beyeler © Art Basel
neugerriemschneider © Art Basel
neugerriemschneider © Art Basel
Pace © Art Basel
Pace © Art Basel
Richard Nagy Ltd © Art Basel
Richard Nagy Ltd © Art Basel
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White Cube © Art Basel
Laura Bartlett Gallery, Sol Calero © Art Basel
Laura Bartlett Gallery, Sol Calero © Art Basel
Laura Bartlett Gallery, Sol Calero © Art Basel
Laura Bartlett Gallery, Sol Calero © Art Basel

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